Sophie Thomas über Produktdesign und Nachhaltigkeit

Wir haben mit Sophie Thomas über die Neudefinition von Abfall für eine nachhaltigere Welt diskutiert.

Pattern from the What goes around comes around project poster by Sophie Thomas and Kristine Matthews at RCA

Abfall ist ein Designfehler. Das ist das Mantra, nach dem die Aktivistin und Designerin Sophie Thomas lebt – und arbeitet. Ihre Bemühung, Produktdesign unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit neu zu definieren hat sie zu einer der führenden Expertinnen auf ihrem Gebiet gemacht. Wir haben uns mit   Sophie getroffen, um darüber zu sprechen, wie ein Umdenken in unserer Herangehensweise an Produktdesign helfen kann, eine umweltbewusstere Welt zu schaffen.

Portrait of designer and campaigner Sophie Thomas

„Man muss wissen, woran man glaubt und es lautstark vertreten“

Die Absolventin des Central St Martins College und des Royal College of Art setzt sich für nachhaltiges Design ein, seit sie 1997 zusammen mit ihrer Designerkollegin Kristine Matthews Thomas.Matthews gründete. Heute ist sie außerdem zertifizierte Abfallmanagerin, Direktorin für Kreislaufwirtschaft bei Useful Projects, Mitglied des URGE-Kollektivs und WRAP-Treuhänderin. Das heißt, wenn sie nicht gerade an aktivistischen Kunstprojekten mitarbeitet oder für einen Tag ihren Müllsammlerhut aufsetzt. 

Die angehende Garbologin (jemand, der Abfall studiert) kam schon früh auf den Geschmack des Aktivismus. „Mein Kompass für Nachhaltigkeit kam lange vor meinem Kompass für Design. Ich bin in einer ziemlich politischen, aktivistischen Familie aufgewachsen. Mir wurde beigebracht, dass es wichtig ist, zu wissen, woran man glaubt und es lautstark zu vertreten.“ 

Ihre politische Erziehung führte sie zum Aktivismus, aber es ist ihre Kreativität, die den Weg für ihre zukünftige Karriere ebnete. „Eigentlich würde ich sagen, dass [Design und Nachhaltigkeit] irgendwie miteinander verwoben sind, was es sehr schwierig macht, sie voneinander zu trennen. Ich wollte eine Aktivistin sein, ihr wisst schon, Boote und Öltanker stoppen und Teil der Greenpeace-Crew werden. Und dann wurde mir klar, dass meine ‚Superkraft‘ – in Ermangelung eines besseren Ausdrucks – eigentlich Kreativität war.“

Sophie mobilisierte diese zunächst durch visuelle Kommunikation. „Ich war schon immer sehr fasziniert von grafischem Aktivismus und davon, Dingen eine Stimme zu geben, die keine Stimme haben, oder Bürgern, die nicht sprechen können. Diese Art der Verflechtung, die Macht der Stimme zu nutzen, aber auf grafische Weise, hat mich zum Design gebracht.“

Eine Stimme für Abfall

Sie machte sich auf, Grafik- und Kommunikationsdesign an einigen der renommiertesten Universitäten Großbritanniens zu studieren, wo sie die zukünftige Mitbegründerin Kristine Matthews kennenlernte. Gemeinsam stellten sie ihre Fähigkeiten mit starken Projekten in den Dienst der Nachhaltigkeit. Das erste, „What comes round goes round“, wurde am Royal College of Art ins Leben gerufen. „Wir sammelten den Abfall einer Woche aus der Kantine und hängten ihn in der Halle auf, um den Leuten visuell zu zeigen, was der Abfall einer Woche war und was damit passiert. Aluminium wurde damals nicht recycelt, ebenso wenig wie Glas. Wir haben viel Zeit damit verbracht, die Abfälle durchzugehen und die ganzen Daten zu analysieren, alle Catering-Unterlagen durchzusehen.“ 

Poster for the What goes around comes around project by Sophie Thomas and Kristine Matthews at RCA

„Dann haben wir einen Becher kreiert, der zwei Pfund kostete und mit dem man jedesmal drei Pence Rabatt auf seinen Kaffee bekam, wenn man ihn benutzte – was dem Preis eines Styroporbechers entsprach. Mit diesem Geld haben wir die richtigen Tonnen gekauft und dann mit dem Entsorgungsunternehmen gesprochen, um das Recycling einzurichten. Es geht nicht nur um die Kampagne und darum, oberflächlich etwas zu tun. Man muss tatsächlich tief graben, und das gilt nach wie vor für meine gesamte Arbeit. Es geht sehr darum, aufzuzeigen und zu aktivieren, aber auch wirklich seine Recherchen und seine Lebenszyklusanalysen durchzuführen. Das ist für mich auch das Spannende daran. Das ist Teil des Design-, Abfrage- und Untersuchungsprojekts.

Das Duo arbeitete auch mit ​​Friends of the Earth zusammen, um 1997 den „No Shop“ ins Leben zu rufen. Zur Einführung des „Buy nothing day“ im Vereinigten Königreich richteten sie einen Laden ein, in dem es nichts zu kaufen gab, um die Leute zu ermutigen, sich von ihrem Konsumverhalten zu lösen und über ihre Kaufgewohnheiten nachzudenken.

No Shop project for Friends of the Earth and Buy nothing day by Sophie Thomas and Kristine Matthews

Mehr als zwanzig Jahre später gehen Kunst und Bewusstsein für Sophie Thomas immer noch Hand in Hand. Ihr Projekt mit der preisgekrönten Haushaltswarendesignerin Ella Doran, Clean up Camo, verwandelt Abfälle, die von verschmutzten Stränden gesammelt wurden, in wunderschöne, fast abstrakte Muster für nachhaltig hergestellte Schals, Kissen und andere Accessoires. Sie arbeitet auch mit Common Seas zusammen, um besser zu verstehen, wie man so designt, dass Abfall gar nicht erst ins Meer gelangt – Prinzipien, die sie auf die Kollektion anwendet.

„Clean up Como war sehr nach dem Prinzip das Medium ist die Botschaft ausgerichtet – auch hier wurde das Konzept von Aktivismus und Material aufgegriffen. Wir haben uns lange Zeit mit der Lieferkette beschäftigt. Wir arbeiteten mit Spezialisten für Lebenszyklusanalysen zusammen und fanden schließlich ein Post-Consumer-Polyestermaterial, auf das wir wasserlos drucken konnten – was wirklich hilfreich ist, da Textilfarben erhebliche Wasserverschmutzung verursachen.“

Das Farbsublimationsverfahren produzierte anderen Abfall – aber sehr viel überschaubareren. „Es funktioniert mit einem Wärmeprozess. Effektiv hat man einen Vollfarbdruck auf Papier und trägt ihn auf, um die Tinte in das Material einzuschweißen. Doch dann bleibt am Ende ein Abfallpapier übrig, also haben wir das wieder zurückgenommen und zu Verpackungen verarbeitet – so entsteht eine Art geschlossener Kreislauf.“ 

Es war auch wichtig, über die Nachnutzungsphase des Produkts nachzudenken. „Wenn du in 10-15 Jahren mit deinem Produkt durch bist, können wir es zurücknehmen und vollständig wiederverwerten, weil alles aus einem Material besteht. Wir haben wirklich alles recherchiert; jeder Reissverschluss, jeder Faden ist ein Polyester- oder PE-Derivat, sodass wir es durch ein einziges System führen können.“

Kreislaufwirtschaft als Grundlage für eine nachhaltige Welt

Die Prinzipien, die Sophie Thomas in ihrer eigenen Praxis verfolgt, sind die, für die sie sich einzusetzen versucht. Der Produktions- und Kostendruck lenkt die Designer oft von den Bedenken über die Nachhaltigkeit und Lebensdauer der Produkte ab. Das führt dazu, dass sie Materialien und Methoden mischen und Produkte entwickeln, die nicht richtig aufbereitet und recycelt werden können. Ein Kopfzerbrechen für die Verbraucher, denn trotz all ihrer besten Absichten landen die fertigen Produkte oft in der falschen Tonne.

„Als Designer folgen wir Vorgaben, die gewöhnlich darauf ausgerichtet sind, die besten Lösungen zum billigsten Preis zu finden. Wir entwerfen also nicht wirklich für Wiederverwendung oder Reparatur oder Rückgewinnung von Materialien. Komischerweise wird das teurer. Und es ist wirklich verrückt, denn wenn man sich die Gesamtbilanz auf dem Konto ansieht, ist der Skaleneffekt sehr verzerrt. Das liegt daran, dass wir in der linearen Wirtschaft so viele Dinge nicht berücksichtigen, die in den Materialkosten versteckt sind oder nicht weitergegeben werden. Die Herausforderung ist, wie wir das ändern können.

Das Kernkonzept der Kreislaufwirtschaft besteht darin, Objekten ein zweites Leben zu geben. Wie können Designer dieses Prinzip im Entwicklungsprozess umsetzen? „Das ist eine der besten Designherausforderungen, weil man Dinge nicht als selbstverständlich hinnimmt. Was passiert, wenn du dieses bestimmte Material nicht verwendest? Ich höre Designer oft sagen: ,Naja, ich befolge ja nur den Auftrag, ich kann nicht viel daran ändern’ – aber ich würde sagen, das stimmt nicht. Du gibst die Materialien vor, du gibst die Farben vor, du kannst viele dieser Dinge beeinflussen. Und du kannst dich selbst weiterbilden, wenn nicht, um deine Kunden zu überzeugen, dann doch, um andere Kunden zu finden, die daran interessiert sind.“

„Es ist so eine interessante Herausforderung für einen Designer, weil es dich wirklich in verschiedener Hinsicht antreibt. Es macht dich als Designer etwas effizienter, weil du mehr um die Ecke denkst und sorgfältiger über all die verschiedenen Schritte oder Prozesse nachdenkst, also nimmst du nicht einfach irgendetwas von der Stange. Du denkst über die Vorsehung des Ganzen nach. Du denkst über die Spezifikationen nach, wie du es zusammensetzt. Du denkst über die Langlebigkeit des Produkts nach. Und dadurch denkst du besser, bewusster, darüber nach, wie dein Produkt da draußen in der Welt existiert. So wirst du nicht einfach zu einem weiteren Rädchen in der Maschine, die am laufenden Band produziert.“

„Nachhaltigkeit sollte ein Grundprinzip für Designer sein“

Bildung ist der Schlüssel zu einem verantwortungsvolleren Produktdesignprozess – und zu einem nachhaltigeren Modell im Allgemeinen. „Nachhaltigkeit wird in der Regel als Modul gelehrt, aber sie sollte ein Grundprinzip für Designer sein, mit Kreislaufwirtschaft als seiner Anwendung. Es ist nicht einmal ein Designkurs, es ist Wirtschaftslehre. Was machst du, wenn du gegen ein Rentabilitätsmodell antreten musst, das auf Stückkosten und Stückverkäufen basiert? Wie schaffen wir ein Gegenmodell, das auf Nachfüllen, Servitization, Leasing basiert? Wie kann man das attraktiver machen als niedrige Produktkosten pro Einheit?“ 

„Es heißt, dass es achtzehnmal rentabler sei, seinen Kunden durch das Servitizationsmodell zu halten, als einen neuen zu bekommen. So viel teurer ist es, ständig neue Kunden zu gewinnen. Das Problem ist, dass es langfristiger ist, also ist es viel schneller, etwas zu verkaufen und sofort Profit zu machen, als eine langfristige Beziehung zu seinen Kunden aufzubauen. Es ist nur eine andere Denkweise.“

Heute und morgen

Was die Zukunft angeht bleibt Sophie Thomas hoffnungsvoll, weiß aber, dass es noch viel zu tun gibt. Seit ihrer Arbeit an The Great Recovery, einem Projekt, das von 2012 bis 2016 lief und die Herausforderungen von Abfall und die Möglichkeiten einer Kreislaufwirtschaft durch die Linse des Designs betrachtete, haben sich die Dinge (langsam) zum Besseren verändert. „Es ist da. Etwas beginnt zu passieren, man kann es sehen. Einerseits gibt es mehr Zeug auf der Welt, und dieselben Unternehmen, mit denen wir vor zehn Jahren zusammengearbeitet haben, kämpfen heute noch damit. 

The Great Recovery logo by Sophie Thomas

Auf der anderen Seite haben wir jetzt die neuen Reparaturgesetze und Reparaturindexe. Dadurch sind wir mit vielen Problemen konfrontiert, z.B. Dingen, die zusammengeklebt sind, wie Elektrogeräte, der Art und Weise, wie Kleidung hergestellt wird… das ist sehr wichtig, wenn man weiß, dass ein Kleidungsstück im Vereinigten Königreich durchschnittlich siebenmal getragen wird, bevor es in den Müll wandert – das ist ich glaube ich auch gestiegen. Aber wir müssen positiv und hoffnungsvoll sein, um zu verstehen, wie wir diese Herausforderung angehen können. Ich denke, das Wichtigste für einen Designer ist, keinen Ramsch zu kreieren, also Dinge, die einfach nicht relevant oder wichtig sind.“

Eines der Missverständnisse, gegen die Sophie in ihrer Arbeit ankämpft, ist der Glaube, dass Nachhaltigkeit ausschließlich von der Produktion abhängt, während in Wirklichkeit die Lebensdauer und Nachnutzungsphase eines Produkts entscheidend sind, um seine Umweltauswirkungen zu definieren. „Es geht effektiv um Form und Funktion. Wenn man etwas aus einem nachhaltigen Material herstellt, es aber nicht so lange hält oder gleich kaputt geht, ist es dann wirklich das beste Material? Ich habe Bedenken, wenn man mir eine Papiertüte statt einer Plastiktüte gibt. Ich meine, ich mag keine Plastiktüten, und man bringt hoffentlich seine eigene Tüte mit, aber manchmal bekommt man Papiertüten, und die halten nicht mal. Man geht die Straße hinunter und ein Henkel reißt ab oder es fängt an zu regnen. Und das ist für mich auch ein Designfehler.

Wenn man den Lebenszyklus dieser Papiertüte betrachtet, dann stellt man wahrscheinlich fest, dass für ihre Herstellung mehr Energie aufgewendet wird als für eine Plastiktüte. Der Fußabdruck einer Papiertüte ist also wesentlich größer. Aber weil wir gerade auf diesem „Kein-Plastik“-Trip sind, tun die Unternehmen genau das, obwohl die Botschaft eigentlich sein sollte: Bring deine eigene Tasche mit, nimm überhaupt keine Tüte.“

Für sie ist der Schlüssel zum Verständnis einer Kreislaufwirtschaft, unsere Vorstellung davon zu ändern, was Wert ist und worin er liegt. „Designer sollten sehr ganzheitlich denken, sie sollten wirklich verstehen, woher das Material kommt, welche Auswirkungen es hatte. Und sie sollten auch verstehen, dass ihr Design nur ein Klacks in der Lebensspanne eines Materials ist. Das Material wird immer weiterleben, und du willst, dass es immer weiterlebt, denn das ist der Wert. Der Wert liegt nicht in deinem Klacks, der Wert liegt im Material.“

„Abfall ist einfach eine ungenutzte Ressource am falschen Ort“

Sophie ist fasziniert von Abfallmaterialien. „Mein Mantra ist ,Abfall ist ein Designfehler’, denn effektiv designt man nicht das Ganze, man designt nicht für das System. Aber momentan haben wir eine Menge Abfall, wie können wir ihn also zurückgewinnen und anfangen, ihn zu verwerten? Wir müssen neu definieren, was Abfall ist. Es ist einfach eine ungenutzte Ressource am falschen Ort, wir müssen sie zurück an den Arbeitsplatz bringen. Auch Clean up Camo verwendet Post-Consumer-Abfall. Er hat das [Abfall-]System bereits durchlaufen und ist ein großartiges Material.

Als Designer musst du dir vorstellen, dass der Auftrag das dritte und vierte Leben deines Produkts mit einschließt. Du musst verstehen, was nach seinem beabsichtigten Zweck damit passiert. Wenn man z.B. etwas in einem Topf kauft, kann man ihn für seine Pflanzen wiederverwenden, aber was passiert danach? Es geht darum, keine zusätzliche Laminierung oder sonstiges Material darauf zu legen oder ihn nicht so zusammenzukleben, dass man ihn nicht mehr auseinandernehmen kann. Dann musst du über die Reinheit des Produkts nachdenken. Wenn du z.B. viele Farbstoffe, Konservierungsmittel oder Flammschutzmittel in Kunststoffe gibst. All diese Dinge tragen zur Verunreinigung des Materialstroms bei.“  

„Letztendlich ist es ein großer Balanceakt zwischen den beiden Seiten, aber man muss verstehen, wie das Design auf eine Art und Weise mit dem Material interagiert, die die geringsten Auswirkungen hat, um es so wertvoll wie möglich in das System zurückzubringen. Es geht also darum, das Potenzial seines zukünftigen Lebens zu verstehen, denke ich.“

Eine Veränderung zum Besseren

Wenn es darum geht, bessere, umweltfreundlichere Materialien zu finden, besteht die Herausforderung oft darin, die Spreu vom Weizen zu trennen. Innovative Materialien, die sich selbst als „umweltfreundlich“ labeln, halten nicht immer, was sie versprechen, wenn man ihren gesamten ökologischen Fußabdruck betrachtet. Sophie betont, wie wichtig es ist, die Informationen über diese Materialien genau zu prüfen, wenn man über nachhaltiges Produktdesign nachdenkt. Die Herkunft der Materialien zu betrachten ist entscheidend, kann aber komplexer sein, als es scheint. „Selbst für uns, die wir von einem sehr guten Netzwerk profitieren, sind viele dieser Informationen schwer zu finden. Es gibt diese riesigen globalen Lieferketten, die oft in fernen Ländern entstehen, und sie werden dir diese Informationen nicht geben, weil sie Teil ihres geistigen Eigentums sind.“

Die Recherchen sollten damit jedoch nicht enden. Das Abwägen der Materialien an sich mit ihren Transportauswirkungen, dem Wasserverbrauch und anderen wichtigen Aspekten des Produktionsprozesses ist unerlässlich, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. „Es geht darum, so viele Daten wie möglich zu sammeln und zu verstehen. Was ich aber festgestellt habe, ist, dass wir alle als Kunden wirklich mehr Transparenz in den Daten zur Herkunft des Materials fordern sollten, um zu verstehen, woher es kommt, wie es hergestellt wird und was darin enthalten ist. In manchen Gespräche, die ich führe, höre ich: ,Oh mein Gott, ich kann nicht glauben, dass dieses bestimmte Material X enthält’. Die Leute wissen es einfach nicht, sie können es nicht sehen.“

„Wir müssen wissen, wo wir nach Antworten suchen können und wir haben immer noch einen kläglichen Mangel an Materialbibliotheken. Manchmal sind sie teuer, haben nicht genügend Informationen oder sind nicht auf dem neuesten Stand. Das ist ein Vollzeitjob!“ Die Erstellung einer Materialpalette war tatsächlich eines der ersten Projekte von Thomas.Matthews, und diese Neugierde für Materialien unterstreicht noch immer die gesamte Arbeit des Studios.

„Wir sollten unsere Kreativität nutzen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen“

Produktdesign und Nachhaltigkeit sind eng miteinander verwoben, aber sie überschneiden sich auch mit anderen sozialen Fragen. „Wenn man sich die großen Industriegebiete in Amerika oder England ansieht, befinden sie sich oft direkt neben den am meisten benachteiligten Gebieten. Und das liegt daran, dass das Land so verschmutzt und billiger ist. Es gibt eine Art Ausbeutung von Ressourcen und eine Ausbeutung von Menschen, die in diesem Modell des Produzierens und Herstellens miteinander verbunden sind. Es ist wirklich deprimierend, zu denken, dass wir auf einen Auftrag warten, um etwas Neues und Glänzendes zu entwerfen, wenn wir unsere Kreativität eigentlich nutzen sollten, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Offen gesagt gibt es jetzt aber auch viele Designer, die das tun, das stimmt mich optimistischer.“

Ecover ist eine der Marken, die Sophie Thomas als Paradebeispiel anführt. „Sie waren schon immer sehr interessant in ihrer Herangehensweise an die Rezepturen und haben ihre Rezepturen für Spülmittel oder Waschmittel gleich zu Beginn preisgegeben. Sie haben immer auf recyceltes Material in der Verpackung geachtet, aber jetzt gehen sie auch zu Nachfüllpackungen über. Sie wissen, wie wichtig es ist, kein schnelldrehendes FMCG-Produkt zu entwickeln. Sie denken daran, dass ich keine Flasche mit einer Flüssigkeit darin kaufen möchte, sondern einfach nur in der Lage sein will, meine Wäsche zu waschen.“

 

View this post on Instagram

 

A post shared by ECOVER UK (@ecover_uk)

Sie meint auch, dass die Zunahme von Kleinserien und lokaler Produktion ein Zeichen dafür ist, dass sich die Unternehmen in die richtige Richtung bewegen. Was größere Unternehmen betrifft, schätzt sie es, mehr Selbstreflexion und Bereitschaft zur Veränderung von Organisationen zu sehen.

Dieser erzieherische Aspekt ihrer Arbeit liegt ihr besonders. „Meine Arbeit beinhaltet viel Recherche; es ist ein gutes Gefühl, diese Recherche zu nutzen, um jemandem zu helfen. Ich bin offen dafür, die Botschaft zu verbreiten, und ja, ich kann auf meine kleine Seifenkiste steigen und jedem sagen, was er tun soll”, lacht sie.

Über Produktdesign hinaus

Die Arbeit an nachhaltigeren Materialien und Produkten erfordert es, mit den Richtlinien und verfügbaren Infrastrukturen zu arbeiten. Sophie erzählt die Geschichte einer Computermarke, die einen „Öko-Computer“ auf den Markt brachte. „Sie haben das Gerät effektiv nur mit Bambus verkleidet, und als es das Ende seiner Lebensdauer erreichte, konnte die Sortiermaschine in der Elektroschrottanlage den Bambus nicht registrieren – sie dachte, es sei Plastik. Es endete damit, dass Tonnen von Plastik kontaminiert wurden. Das Produkt verursachte im Endeffekt viel mehr Abfall, als wenn sie es einfach so gelassen hätten, wie es war.“

Das gleiche Problem sieht sie bei Biokunststoffen. „Die Leute stürzen sich darauf, aber im Vereinigten Königreich zum Beispiel haben wir noch kein System, das dieses Material annimmt. Wenn es derzeit in die Recyclingkiste gelangt, kann es möglicherweise andere Kunststoffe verunreinigen. Es gibt große Probleme mit dem Material, das sich davon ablöst, welches Löcher bekommen kann, und es kann ziemlich schmutzig werden. Wenn es jedoch in der Komposttonne landet, muss es herausgenommen werden, weil die Maschinen es nicht verarbeiten können.“

Plastic recycling batches by Nick Fewings

Nach Sophies Ansicht sollten wir uns beim Produktdesign an den bestehenden Infrastrukturen orientieren. Auch hier betont sie, wie wichtig es ist, das Gesamtbild zu betrachten. „Mit der  Infrastruktur, die wir jetzt haben, erreichen wir unsere Recycling-Ziele nur unzureichend. Für mich geht es darum, das zu optimieren, denn das ist das System, in dem wir jetzt leben. Und dann sollten wir darüber nachdenken, welche Infrastrukturen wir brauchen, um die Ressourcen besser zu verwalten. Das liegt oft nicht in der Hand des Designers, aber es ist etwas, das wir von den lokalen Behörden verlangen können. Es ist absolut eine Frage des Gleichgewichts zwischen Politik, Optimierung und Design.“

Die Politik wird besser darin, diese Probleme anzugehen. „Im Moment tut sich eine Menge. Die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) wurde beschlossen und die Umweltgesetze treiben vieles voran. Da geht es um Produktdesign, Konstruktion, Textilien – in den nächsten zehn Jahren wird vieles passieren. Das ist eine langfristige Vision.“

„Es ist wichtig, sich dessen bewusst zu sein, denn mit der EPR, die nächstes Jahr kommt, fängt es mit Verpackungen an. Dinge wie Pfandsysteme – Flaschen zurückbringen und dafür Geld zurückbekommen – sind Teil der erweiterten Herstellerverantwortung. Das heißt, der Hersteller zahlt. Wenn du also ein Produkt für ein Unternehmen entwirfst und nicht effizient bist oder Materialien verwendest, die möglicherweise in der falschen Tonne oder im Meer landen, kann es sein, dass dein Kunde für deine Designentscheidung bezahlen muss.“

Mehr über Thomas.Matthews erfahren Sie hier und Sie können Sophie Thomas hier auf Twitter folgen.

Bleiben Sie in Kontakt

Mit unserem MOOsletter, der alle zwei Wochen erscheint, erhalten Sie Design-Inspirationen, Geschäftstipps und Sonderangebote direkt in Ihren Posteingang.

Anmelden!