Bauhaus: 100 Jahre radikales Design

Bauhaus inspiration

Zur Feier des hundertjährigen Bauhaus-Jubiläums fragte MOO drei von der demokratischen Design-Bewegung inspirierte Künstler, wie diese ihr eigenes kreatives Schaffen beeinflusst.

Die Bauhaus-Bewegung feiert in diesem Jahr ihr hundertjähriges Jubiläum – aber ihr Erbe findet sich in privaten Wohnungen und öffentlichen Einrichtungen verewigt und inspiriert rund um den Globus weiterhin neue Künstlergenerationen.  

Die Bauhaus-Schule wurde im Jahr 1919 von Walter Gropius in Deutschland gegründet und entwickelte sich zu einer der einflussreichsten Design-Bewegungen der letzten einhundert Jahre. Ihre zu der Zeit radikale Mission setzte sich die Vereinigung von bildender Kunst und Design zum Ziel.

Mit dem verstärkten Wachstum der Industrialisierung und dem Aufkommen automatisierter Herstellungsverfahren erkannte Gropius den prekären Stellenwert der Kunst in einer auf Funktion fixierten Gegenwartskultur. Mit der Gründung der Bauhaus-Bewegung zielte er darauf ab, auch Alltagsgegenstände mit dem Potenzial für Massenproduktion, die für jedermann zugänglich waren, mit dem künstlerischen Geist zu beflügeln.

Josef Albers

Der zentrale Grundsatz der Schule, „form follows function“ („die Form folgt der Funktion“), beseitigte konkurrierende Barrieren zwischen den bildenden Künsten und deren praktischen Ausdrucksformen – wie beispielsweise bei Textilien und Architektur – und zielte auf eine durch Experimentieren und Zusammenarbeit entstehende „Vereinigung von Kunst und Handwerk“ ab.

Der Bauhaus-Stil war reduziert und sparsam und stellte geometrische Formen, kühne Farben und Materialien wie Stahl, Beton und Glas ins Zentrum seiner Kreationen. Auch wenn die Schule selbst bereits im Jahr 1933 wieder geschlossen wurde, ist ihr Einfluss auch heute noch allgegenwärtig.

Nicht nur bei unserer modernen Farbtheorie handelt es sich um eine Errungenschaft der Bauhaus-Bewegung (die in allen Disziplinen mit Ausnahme der Architektur angewendet wurde – Gropius bevorzugte farblich schlicht gehaltene Gebäude), auch die Schriftart Universal wurde vom Druck- und Werbemeister der Schule, Herbert Bayer, kreiert.

Unter den bekannten Künstlern und Designern des 20. Jahrhunderts, die dort unterrichteten und studierten, befinden sich unter anderem die abstrakten Künstler Paul Klee und Wassily Kandinsky sowie die Textildesignerin Anni Albers, in deren aller Werke sich die markanten geometrischen Formen und schlichten Farbpaletten der Bauhaus-Bewegung wiederfinden lassen.

The Bauhaus Dessau building

Die momentan in der Möbelbranche so beliebten eleganten, einfachen Linien wurden von ikonischen Bauhaus-Designs wie den geometrischen, ineinander verschiebbaren Beistelltischen von Josef Albers und dem aus Stahlrohren konstruierten Wassily-Stuhl von Marcel Breuer inspiriert.

Breuer entwarf nach seiner Zeit als Student und Lehrkraft an der Bauhaus-Schule mehr als einhundert Gebäude in den USA, darunter auch das beeindruckende Metropolitan Museum of Art.

Der aus der Bauhaus-Bewegung stammende Minimalismus des „internationalen Stils“ in der Architektur spiegelt sich auch in den Glas- und Betonkonstruktionen der Wolkenkratzer und Hochhäuser der heutigen Skylines wider.

Selbst nach einem Jahrhundert sind wir weiterhin vom fortwährenden Einfluss der Bauhaus-Bewegung umgeben – und ihre von Ludwig Mies van der Rohe, dem letzten Direktor der Schule, so prägnant zusammengefassten Prinzipien finden auch in der heutigen Zeit noch Anklang.  

„Weniger ist mehr“, verkündete dieser damals. Und dank des anhaltenden Einflusses dieser Bewegung hat die Geschichte ihm damit Recht gegeben.  

Der Einfluss der Bauhaus-Bewegung

Zur Feier des hundertjährigen Jubiläums fragten wir drei von Bauhaus beeinflusste Grafikdesigner, inwiefern die Prinzipien der Schule ihre Arbeit inspiriert haben.

Luke Tonge ist Freelance-Grafikdesigner und Gründer des Birmingham Design Festival im Vereinigten Königreich. Die kühnen Designs von Tom Cheal aus Brighton basieren auf geometrischen Ansätzen, während Ronnie Alley, ein allein arbeitender Designer aus Philadelphia, durch die Verbindung von Mustern und Typografie mit seiner Marke eine einzigartige visuelle Identität kreiert.

Luke Tonge

Welche Rolle hat die Bauhaus-Ästhetik in Ihrem kreativen Schaffen gespielt?

Da die Bauhaus-Bewegung das, was man heute unter Design versteht, so grundsätzlich geprägt hat, führt man sich tatsächlich gar nicht immer bewusst vor Augen, wie wichtig diese Bewegung eigentlich war. Bei mir selbst hat sich das grundsätzliche Ethos „form follows function“ („die Form folgt der Funktion“) seit meiner Schulzeit fest in mir verwurzelt – die Idee, dass der Nutzen über der Ästhetik steht, sowie die Wertschätzung von Wahrheit, Ehrlichkeit und Minimalismus. Diese Elemente sind in meinen Kreationen nicht immer offensichtlich, liegen jedoch stets meinem Problemlösungsansatz und meiner Projektstrukturierung zugrunde.  

Von welchen Bauhaus-Elementen lassen Sie sich inspirieren?

Der Großteil meiner Kreationen ist bunt und auffällig, und ich kann im „internationalen Stil“ wie in den Münchner Olympia-Postern von Max Bill, in den experimentellen Fotomontagen der amerikanischen modernistischen Counterpart-Designer wie Lester Beall und in der späteren postmodernen italienischen Design-Gruppe Memphis meine Inspirationsquellen klar erkennen. Mich ziehen die Schlichtheit und die Wirkung dieser Kreationen, die Farben und Formen eingeschränkt, aber mit maximalem Effekt einsetzen, an.

Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für die seit über einhundert Jahren anhaltende, fortwährende Inspiration der Bauhaus-Bewegung in der Design-Welt?

Eine einflussreiche Ideenschule wie diese hat etwas sehr Idealistisches, Romantisches und Faszinierendes an sich. Zusätzlich verleihen die Rebellionsgeschichte gegen die ihr vorausgehenden dekorativen Kunst- und Handwerksmodelle sowie die Unterdrückungsversuche durch die Nazis Bauhaus eine Art Drehbuchcharakter.

Bauhaus hat sich durch die Relevanz seiner radikalen Denk- und Lehrweise einen festen Platz im Herzen des in uns allen steckenden Modernisten erobert – mit dem Wunsch nach Bedeutung und Rationalität und der Ablehnung irrelevanter Verzierungen.

Liegt Ihnen ein Werk oder ein Künstler der Bewegung besonders am Herzen?

Ich weiche der Frage hiermit vielleicht ein bisschen aus, aber das Buch The Bauhaus Group: 6 Masters of Modernism von Nicholas Fox Weber über die Bauhaus-Bewegung und insbesondere über Anni und Josef Albers, das hochgeschätzte Ehepaar, das an der Schule studiert und gelehrt hat, besitzt einen ganz wunderbar gestalteten Buchumschlag.

Ich weiß nicht, von wem er stammt, aber meiner Meinung nach ist er eine perfekte, absolut passende Hommage an diese grafische Welt, in der nur Linien, Formen und Farbe von Bedeutung sind.

Wie wird sich der Einfluss von Bauhaus Ihrer Meinung nach zukünftig weiterentwickeln?

Ich denke, dass wir auch in den nächsten einhundert Jahren über Bauhaus sprechen und nachdenken werden. Die Ideologie und die klare Zweckgerichtetheit der Bewegung sind etwas ganz Besonderes, und wie bei jeder vitalen, revolutionären Bewegung kommen wir später darauf zurück, um im Nachhinein davon zu profitieren. Wir wären damals gerne Teil davon gewesen – oder haben die Hoffnung, in der Zukunft Teil von etwas Ähnlichem sein zu können.

Tom Cheal

Wie hat die Bauhaus-Ästhetik Ihr eigenes Schaffen beeinflusst?

Die Inspiration durch simplistische Kunst- und Designelemente hat auf mich als Designer und Künstler einen enormen Einfluss gehabt.

In einer modernen digitalen Kultur ist es wichtig, Dinge zu vereinfachen und Personen mit Bildern, Marken und Erfahrungen zu verknüpfen. Ich fühlte mich schon in meiner Kind- und Jugendzeit zu einfachen, bunten Formen hingezogen. Ich habe festgestellt, dass Bauhaus  meine Arbeit nicht nur visuell inspiriert, sondern auch die Art und Weise beeinflusst, wie ich über Design nachdenke.

Von welchen Bauhaus-Elementen lassen Sie sich in Ihrem eigenen Schaffen inspirieren?

Die ursprüngliche Bauhaus-Inspiration besagt, dass die Funktion die Form vorgibt. Jedes Element wird berücksichtigt und einfach gehalten, selbst bei abstrakten Formen. Dadurch wirkt das entstandene Objekt natürlich und organisch, als ob es gar nicht anders hätte sein können.

Meine Arbeit und mein Stil stützen sich sehr stark auf die Bauhaus-Bewegung. Ideen und Gefühle setze ich mit kräftigen Farben und starken simplistischen oder abstrakten Formen um.

Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für die seit über einhundert Jahren anhaltende, fortwährende Inspiration der Bauhaus-Bewegung in der Design-Welt?

In unserem immer komplizierter werdenden Alltag, in dem von allen Seiten um unsere Aufmerksamkeit gekämpft wird, suchen Designer nach Wegen, mit denen sie Design und Informationen vereinfachen und leichter verständlich und anwendbar machen können.

Die simplistische Ästhetik der Bauhaus-Bewegung ist der Grund, warum sie nach so vielen Jahren immer noch so viele Künstler und Designer inspiriert.

Liegt Ihnen ein Werk oder ein Künstler der Bewegung besonders am Herzen? Wenn ja, warum?

Aufgrund ihrer unterschiedlichen Art, in der sie ihre Ideen visualisieren und umsetzen, möchte ich meine zwei Favoriten erwähnen: Wassily Kandinsky und Piet Mondrian haben mich sowohl während des Kunstunterrichts in der Schule als auch bei meinem Design-Studium an der Uni sehr inspiriert.

Die auffällige Optik sowie die hinter ihren Werken stehende plakative Diversität und Denkweise haben meinen eigenen Gestaltungsprozess sehr beeinflusst.

Wie wird sich der Einfluss von Bauhaus Ihrer Meinung nach in den nächsten zehn Jahren weiterentwickeln?

Die Bauhaus-Bewegung hat viele Künstler und Designer dazu inspiriert, jedes einzelne Element zu berücksichtigen und wenn möglich zu vereinfachen. In unserer immer komplexer werdenden Welt und in unserem Streben nach einer nachhaltigeren Lebensweise wird Bauhaus meiner Meinung nach weiterhin zukünftige Künstler und Designer inspirieren und unsere Kultur langfristig positiv beeinflussen.

Ronnie Alley

Wie hat die Bauhaus-Ästhetik Ihr eigenes Schaffen beeinflusst?

Ich liebe den spielerischen Umgang mit Geometrie, sei es, indem ich Gittersysteme erstelle oder auf Kundenwünsche zugeschnittene Verfahren kreiere. Die Mitglieder der Bauhaus-Bewegung haben den Einsatz von Geometrie in ihrer klarsten Form zur Gestaltung schlichter, effektiver Designs wirklich vorangetrieben.

Von welchen Bauhaus-Elemente lassen Sie sich selbst inspirieren?

Das Mantra „form follows function“ („die Form folgt der Funktion“) ist der Schlüssel für jede Art von Designer-Tätigkeit und bildet auch die Grundlage für meine gesamte Arbeit. Ob ein Gegenstand ästhetisch ansprechend ist, spielt keine wirkliche Rolle mehr, wenn er seine eigentliche Funktion nicht erfüllen kann.

Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für die seit über einhundert Jahren anhaltende, fortwährende Inspiration der Bauhaus-Bewegung in der Design-Welt?

Meiner Meinung nach hat die Bauhaus-Schule das Fundament für alle nachfolgenden Design-Bewegungen gelegt. Seine Mitglieder haben die Parameter dafür kreiert, wie Design praktiziert werden und funktionieren sollte. Im Prinzip haben sie uns eine Werkzeugkiste hinterlassen, auf die wir aufbauen und mit der wir unsere eigenen Gestaltungsregeln aufstellen können.

Liegt Ihnen ein Werk oder ein Künstler der Bewegung besonders am Herzen?

Ich schätze besonders die Überzeugung von László Moholy-Nagy, dass alle Aspekte kreativer Arbeit einschließlich Kunst, Handwerk, Architektur, Grafikgestaltung, Industrie-Design usw. den gleichen Design-Prinzipien folgen und gemeinsam miteinander arbeiten sollten.

Wie wird sich der Einfluss von Bauhaus Ihrer Meinung nach zukünftig weiterentwickeln?

Ich hätte wirklich gerne gewusst, in welcher Weise die Schule virtuelle Realitätstechnologien für ihren Zweck eingesetzt hätte, wenn diese damals verfügbar gewesen wären. Es wird daher interessant sein, zu sehen, wie diese Design-Prinzipien im VR-Bereich angewandt werden könnten.

Phil Bailey, Grafikdesigner bei MOO, hat unser Logo in fünf inspirierenden Bauhaus-Stilen neu gestaltet – werfen Sie einen Blick auf das Ergebnis.

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